- Deep Blue
- Deep Blue[dt. »tiefes Blau«], von IBM entwickelter, nicht kommerzieller Schachcomputer, der 1997 den damaligen Schachweltmeister Gari Kasparow in einem Aufsehen erregenden Match mit 3,5 : 2,5 bezwang. Der Name »Deep Blue« ist vermutlich einerseits eine Anspielung auf den planetengroßen Rechner »Deep Thought« im Roman »The Hitchhikers Guide to the Galaxy« (dt. »Per Anhalter durch die Galaxis«) von Douglas Adams. Zum anderen spielt er auf die Insider-Bezeichnung Big Blue für das Unternehmen IBM an.Noch 1996 hatte Kasparow eine frühere Version von Deep Blue mit etwa halb so großer Rechenleistung mit 4 : 2 besiegt. Beim »Rematch« dagegen konnte er der schieren Prozessor- und Speicherkapazität der Maschine nicht mehr genügend entgegensetzen. Deep Blue war in seiner letzten Version ein massiv paralleler 32-Knoten-Superrechner vom Typ IBM RS/6000 SP; jeder Knoten enthielt acht spezialisierte Schachprozessoren. Die Software wurde in der Programmiersprache C geschrieben und lief unter dem Betriebssystem AIX, einem IBM-eigenen UnixDerivat. Mit dieser Ausstattung konnte der Rechner etwa 500 Millionen Positionen in der Sekunde durchrechnen - oder knapp 100 Milliarden in drei Minuten, der durchschnittlichen Bedenkzeit, die pro Zug erlaubt ist. Ein exzellenter menschlicher Spieler wie Kasparow führt dagegen pro Sekunde nur etwa drei Analysen durch.Deep Blue war darüber hinaus von einem internationalen Schachgroßmeister (Joel Benjamin) »trainiert« worden, insbesondere im Hinblick auf den 1996 verlorenen ersten Vergleich. Daher bestand der Verdacht, dass Deep Blue möglicherweise gegen andere Spieler oder auch gegen einen auf Deep Blues Spielweise ähnlich gut vorbereiteten und fehlerfrei spielenden Kasparow nicht gewonnen hätte. Dennoch galt die - live im Internet übertragene - Niederlage des besten Schachspielers gegen den besten Computer für viele als Meilenstein der Computerentwicklung. Dabei gaben die IBM-Forscher selbst zu, dass Deep Blue keinerlei künstliche Intelligenz verwendete. Sein Erfolg beruhte allein auf der immensen Menge an Schachwissen (u. a. alle Eröffnungen aller Großmeister der letzten 100 Jahre), der hohen Verarbeitungsgeschwindigkeit sowie der Tatsache, dass er nicht müde, unkonzentriert oder ärgerlich werden konnte.Gari Kasparow hat seit 1997 an keinem öffentlichen Vergleich mit einem Computer mehr teilgenommen, und Deep Blue wurde auch nicht mehr für einen Vergleich mit einem anderen Spieler weiterentwickelt. Aber wie so oft hat sich die Frage, ob Menschen oder Computer besser Schach spielen können, mittlerweile durch die technische Entwicklung fast von selbst erledigt. Das in Deutschland entwickelte Schachprogramm »Deep Fritz« hat mittlerweile mit Ausnahme des amtierenden Weltmeisters Wladimir Kramnik alle wichtigen internationalen Großmeister inklusive Kasparow sowie die 1997er-Version von Deep Blue besiegt. Dabei erreicht das Programm nach Angabe seiner Schöpfer bereits auf einem Desktop-PC die Spielstärke von Deep Blue aus dem Jahr 1997. Für den Herbst 2001 war ein neuer spektakulärer Schaukampf »Man vs. Machine« in Bahrain geplant. Das Preisgeld war auf eine Million Dollar angesetzt. Aufgrund der Ereignisse des 11. 9. 2001 wurde dieses Match zunächst verlegt.Neben dem enormen, werbewirksamen Aufsehen, welches das Deep-Blue-Projekt erregt hat, war das eigentliche Ziel von IBM die Etablierung eines neuen Forschungsgebiets in der Firma, des sog. Deep Computing, mit potenziellen Anwendungen in der Bioinformatik, der betriebswirtschaftlichen Prozessoptimierung oder der Simulation von wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Problemen.
Universal-Lexikon. 2012.